Kündigung – was geht, was nicht geht und wie Sie sich wehren

Viele Menschen mit Migräne schleppen sich trotz Schmerzen und Übelkeit ins Büro, aus Angst vor einer Kündigung, aber wegen Migräne kann Ihnen nicht so schnell gekündigt werden. Welche Rechte und Pflichten Sie haben, erklärt der folgende Artikel.

Hinweis zu den Inhalten: Die Inhalte wurden mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt. Wir übernehmen jedoch keine Garantie für Richtigkeit, Aktualität und Vollständigkeit der bereitgestellten Informationen. Die hier dargestellten Informationen dienen dem Nutzer ausschließlich zu Informationszwecken und zum persönlichen Gebrauch.


Das Wichtigste vorweg: Ein Arbeitgeber kann nicht immer einfach eine Kündigung aussprechen, denn Arbeitnehmer, die seit mindestens sechs Monaten in einem Betrieb beschäftigt sind, der mehr als zehn Mitarbeiter hat, sind durch das Kündigungsschutzgesetz vor sozial ungerechtfertigten Kündigungen abgesichert. Wenn ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer kündigen will, braucht er einen triftigen Grund. Mögliche Gründe sind: 1

  • Dringende betriebliche Erfordernisse, z. B. eine Betriebsschließung – betriebsbedingte Kündigung
  • Ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers, z. B. häufiges Zuspätkommen – verhaltensbedingte Kündigung
  • Gründe, die in der Person des Arbeitnehmers liegen, z. B. mangelnde Eignung – personenbedingte Kündigung

In Betrieben, die weniger als 10 Mitarbeiter haben, greifen die Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes zwar nicht, dennoch sind die Arbeitnehmer durch zivilrechtliche Grundsätze geschützt und ein Arbeitgeber kann nicht willkürlich Kündigungen aussprechen. 2

Nun wenden wir uns direkt einem Thema zu, das für Menschen mit Migräne interessant sein könnte. 

Krankheitsbedingte Kündigung

Die krankheitsbedingte Kündigung ist eine besondere Form der personenbedingten Kündigung. Dabei reicht die Krankheit selbst nicht als Kündigungsgrund aus. Migränepatienten sollten also nicht in Panik geraten. 

Nur weil Sie Migräne haben, kann Ihnen niemand kündigen. 

Bei einer krankheitsbedingten Kündigung sind die tatsächliche oder zu erwartende Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers und die durch Krankheit verursachten Fehlzeiten bzw. Mehrkosten für das Unternehmen ein möglicher Kündigungsgrund. Sie müssen also recht lange oder häufig krankgeschrieben sein, um eine Kündigung zu riskieren. Die kritische Grenze liegt bei über sechs Wochen im Jahr. Dabei ist egal, ob Sie sechs Wochen am Stück krank sind oder immer wieder kurz krankgeschrieben werden. Aber auch wer mehr als sechs Wochen im Jahr krank ist, kann nicht einfach gekündigt werden. Um eine krankheitsbedingte Kündigung auszusprechen, muss ein Arbeitgeber einige Hürden überwinden, denn die Voraussetzungen dafür sind sehr streng.

  • Zunächst muss eine Gesundheitsprognose erstellt werden. Mit der Unterzeichnung des Arbeitsvertrages verpflichtet sich ein Arbeitnehmer, im Tausch gegen die Gehaltszahlung eine bestimmte Arbeitsleistung zu erbringen. Bei einer Gesundheitsprognose wird geprüft, ob und wann ein Arbeitnehmer die vereinbarte Arbeitsleistung wieder erbringen kann.
  • Ist die Gesundheitsprognose negativ, kann ein Arbeitnehmer also die vereinbarte Leistung auch zukünftig nicht erbringen, müssen erhebliche Beeinträchtigungen der betrieblichen oder wirtschaftlichen Interessen durch den Arbeitsausfall nachgewiesen werden. 
  • Zuletzt muss der Arbeitgeber seine Interessen gegen die des Arbeitnehmers abwägen. Eine Kündigung ist nur dann zulässig, wenn die erheblichen betrieblichen Beeinträchtigungen zu einer nicht mehr hinzunehmenden Belastung des Arbeitgebers führen. 
    Dazu muss der Arbeitgeber ein betriebliches Eingliederungsmanagement (kurz BEM) durchgeführt oder es zumindest ordnungsgemäß angeboten haben. Genauere Informationen zum BEM finden Sie auf der Webseite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales.

Für eine krankheitsbedingte Kündigung müssen alle drei Voraussetzungen erfüllt sein. Fehlt auch nur eine, ist die Kündigung unwirksam. 3 

So wehren Sie sich gegen eine Kündigung

Als Arbeitnehmer können Sie sich gegen sozial ungerechtfertigte Kündigungen wehren. Zum einen können Sie das Ziel verfolgen, die Kündigung aufzuheben, zum anderen, je nach Situation, statt Aufhebung eine Abfindung verlangen. Auch wenn eine Kündigung ein Schock ist: es bleibt keine Zeit, zu zögern – schnelles Handeln ist gefragt. 

  • Sollte der Arbeitnehmer eine Kündigung für sozial ungerechtfertigt halten, so muss er innerhalb einer Woche nach Erhalt der Kündigung Einspruch beim Betriebsrat einlegen. 1
  • Eine Kündigungsschutzklage muss innerhalb von drei Wochen, nachdem Sie die Kündigung erhalten haben, beim Arbeitsgericht vorliegen. In der Regel ist das Arbeitsgericht am Sitz des Unternehmens zuständig. 1

Grundsätzlich muss der Arbeitgeber die Kündigungsgründe beweisen. Sie tragen die Beweislast für Ihre Einwände, die Sie dem Arbeitgeber entgegenhalten wollen. Sichern Sie sich deshalb rechtzeitig Beweise wie ärztliche Dokumente, Sachverständigengutachten oder Adressen von Zeugen.

Vor dem Arbeitsgericht brauchen Sie keinen Rechtsanwalt. Sie können sich auch selbst vertreten. Die Kündigungsschutzklage muss immer schriftlich unter Angabe des beklagten Arbeitgebers und einer kurzen Begründung fristgerecht bei dem zuständigen Arbeitsgericht eingereicht werden. Es ist auch möglich, direkt beim Arbeitsgericht eine Klage bei der dortigen Rechtsantragsstelle protokollieren zu lassen. Allerdings erhalten Sie dort keine Rechtsberatung. Welche Chancen und Risiken Sie haben, können ein Anwalt oder Rechtsbeistände der Gewerkschaft abschätzen.

Wer trägt die Kosten des Verfahrens

Falls Sie einen Anwalt einschalten, müssen Sie zunächst dessen Kosten zahlen. Das Arbeitsgerichtsverfahren gliedert sich in 2 Stufen: in der ersten Stufe bis zum Abschluss eines Gütetermins – hier werden rund 70% der Verfahren mit einem Vergleich beendet – fallen keine Gerichtskosten an und Sie tragen die Anwaltskosten unabhängig vom Vergleichsausgang in der Regel selbst. Einigt man sich nicht, kommt es gegebenenfalls später zu einem Urteil mit Kostenverteilung der Anwalts- und Gerichtskosten – je nach Grad des Obsiegens oder Unterliegens. Auch die Gerichtskosten und die Kosten für Zeugen, Sachverständige etc. müssen Sie zahlen – allerdings nur, wenn Sie verlieren. Die Gerichtskosten sind abhängig vom Streitwert. Auf der smart-rechner-Website finden Sie dazu weitere Informationen. 4 

Falls Sie eine Rechtsschutzversicherung haben, sind einige Kosten eventuell abgedeckt. Welche Kosten übernommen werden, kommt auf Ihren Versicherungsschutz an.

Prozesskostenbeihilfe
Die Kosten eines Verfahrens sollten Sie nicht abschrecken, Ihre Interessen durchzusetzen, denn Sie können Prozesskostenhilfe beantragen. Diese ist abhängig von Ihrer Einkommens- und Vermögenslage. Prozesskostenhilfe muss am zuständigen Arbeitsgericht beim Einreichen der Klage mit beantragt werden. 4 

Das sollten Sie noch wissen

  • Darf mir während einer Krankschreibung gekündigt werden?
    Ja. Es gibt kein Gesetz, das ein solches Verhalten des Arbeitgebers verbietet. Es kommt allein auf den Kündigungsgrund und die Möglichkeit der Inempfangnahme des Kündigungsschreibens und nicht auf die Anwesenheit des Arbeitnehmers an. 5
  • Kann mir per E-Mail oder Telefon gekündigt werden?
    Nein. Eine Kündigung muss schriftlich erfolgen und unterschrieben sein. Eine Kündigung am Telefon, per E-Mail oder Fax ist in Deutschland nicht wirksam. 5
  • Gibt es besonderen Kündigungsschutz während einer Schwangerschaft oder in der Elternzeit?
    Ja, es gibt bestimmte Personengruppen, die einen besonderen Kündigungsschutz haben. Dazu gehören auch Frauen während der Schwangerschaft oder Personen in Elternzeit. 5
  • Welche Kündigungsfristen müssen eingehalten werden?
    Das kommt auf den Arbeitsvertrag und eventuell Tarifvertrag an. Grundsätzlich gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen des § 622 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Wurden dazu abweichende Fristen im Arbeitsvertrag vereinbart, die nicht zu Lasten des Arbeitnehmers gehen, gelten diese. Ausnahme ist die Probezeit: In dieser Zeit gilt eine verkürzte Kündigungsfrist von zwei Wochen (laut § 622 (II)) – oder je nach Vereinbarung und Tarifvertrag noch kürzere 5
  • Ordentlich? Außerordentlich? Was bedeutet das bei Kündigungen?
    Bei einer ordentlichen Kündigung werden Kündigungsfristen eingehalten. Eine außerordentliche Kündigung ist eine fristlose Kündigung. Dazu muss allerdings ein wichtiger Grund nach § 626 Bürgerliches Gesetzbuch vorliegen. Die vorstehend genannten Gründe der betriebsbedingten und personenbedingten Gründe rechtfertigen in der Regel keine fristlose Kündigung. Auch die verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigt nicht ohne weiteres eine fristlose Kündigung. Krankheit rechtfertigt nie eine fristlose Kündigung. 5

Referenzen:

  1. Back to contents.

    Kündigungsschutzgesetz. Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz. Online publiziert: www.gesetze-im-internet.de/kschg/ (zuletzt aufgerufen: März 2020).

  2. Back to contents.

    Kündigungsschutz: Regeln und Sonderregeln für Kleinbetriebe, Deutsche Handwerkszeitung. Online publiziert: www.deutsche-handwerks-zeitung.de/kleinbetriebe-regeln-und-sonderregeln-fuer-den-kuendigungsschutz/150/32549/239224 (zuletzt aufgerufen: März 2020).

  3. Back to contents.

    Darf mein Chef mir wegen Krankheit kündigen? Deutscher Gewerkschaftsbund. Online publiziert: www.dgb.de/darf-mein-chef/mir-wegen-krankheit-kuendigen (zuletzt aufgerufen: März 2020).

  4. Back to contents.

    Gerichtskostenrechner 2020. smart-rechner.de. Online publiziert: www.smart-rechner.de/gerichtskosten/rechner.php (zuletzt aufgerufen: März 2020).

  5. Back to contents.

    Kündigungsschutz. Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Online publiziert: www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/PDF-Publikationen/a163-kuendigungsschutz.pdf (zuletzt aufgerufen: März 2020).

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