Migräne ist eine neurologische Erkrankung mit vielfältigen Erscheinungsformen. Neben der klassischen Migräne mit Kopfschmerzen gibt es auch Formen, bei denen Sehstörungen im Vordergrund stehen – etwa als Flimmerskotom, Lichtblitz oder Gesichtsfeldausfall, was für Betroffene besonders belastend sein kann. Häufig wird der Begriff Augenmigräne verwendet, obwohl dieser medizinisch nicht eindeutig definiert ist. Laut der Internationalen Klassifikation der Kopfschmerzerkrankungen (ICHD-3) existieren zwei relevante Diagnosen mit visuellen Symptomen: Migräne mit typischer Aura ohne Kopfschmerz und die seltene retinale Migräne. 1 2
Bei dieser Migräneform treten neurologische Symptome – meist visuelle Störungen – auf, ohne dass anschließend Kopfschmerzen folgen. Häufige visuelle Phänomene sind Flimmerskotome (flackernde Zickzacklinien), Gesichtsfeldausfälle oder Lichtblitze. Die Beschwerden entwickeln sich allmählich über Minuten und bilden sich meist innerhalb einer Stunde vollständig zurück. 1
Diese Form ist für Augenärztinnen/-ärzte besonders relevant, da viele Patientinnen und Patienten zunächst wegen ihrer Sehstörungen vorstellig werden – oft mit der Sorge vor einer Augenerkrankung.
Die retinale Migräne ist eine seltene Form, bei der die Sehstörungen nur auf einem Auge auftreten. Ursache ist vermutlich eine vorübergehende Durchblutungsstörung der Netzhaut (Retina) oder des Sehnervs. Die Symptome - meist Gesichtsfeldausfälle oder vollständiger Sehverlust auf einem Auge - dauern meist weniger als eine Stunde an. Sie werden meist, aber nicht immer, von Kopfschmerzen begleitet oder gefolgt. 3
Wichtig: Da auch andere ernste Erkrankungen (z. B. Netzhautarterienverschluss) ähnliche Symptome verursachen können, sollte bei Sehstörungen immer eine ärztliche
Abklärung erfolgen. 3 4
Typische visuelle Symptome, die bei einer Migräne mit Aura oder seltener bei retinaler Migräne auftreten können: 1
Zusätzlich können Begleiterscheinungen wie Übelkeit, Schwindel oder Lichtempfindlichkeit auftreten. 2
Es gibt keine spezielle Therapie für die visuelle Aura oder die retinale Migräne. In den meisten Fällen verschwinden die Symptome nach maximal 60 Minuten spontan. Häufig kann es sinnvoll sein, unnötige Reize zu vermeiden.
Bei nachfolgend auftretenden Kopfschmerzen erfolgt die Behandlung analog zur klassischen Migräne mit Medikamenten zur Akuttherapie – in Absprache mit dem behandelnden Arzt/der behandelnden Ärztin. 5
Eine Augenmigräne ist in der Regel nicht gefährlich. Visuelle Wahrnehmungsstörungen sollten jedoch immer ärztlich abgeklärt werden, um andere Ursachen auszuschließen und dauerhafte Schäden zu vermeiden: 4
Wichtig: Grundsätzlich sollten Betroffene mit Symptomen wie Sehstörungen immer ärztlichen Rat einholen. 4
Praktische Tipps zur Migränevorbeugung im Alltag finden Sie hier.
Headache Classification Committee of the International Headache Society (IHS): The International Classification of Headache Disorders, 3rd edition (ICHD-3). Cephalalgia. 2018;38(1):1–211. DOI: 10.1177/0333102417738202
Goadsby PJ, et al.: Pathophysiology of Migraine: A Disorder of Sensory Processing. Physiol Rev. 2017;97(2):553–622. DOI: 10.1152/physrev.00034.2015
Grosberg BM, Solomon S, Friedman DI, Lipton RB. Retinal migraine reappraised. Cephalalgia. 2006;26(11):1275–1286. DOI: 10.1111/j.1468-2982.2006.01206.x
American Academy of Ophthalmology (AAO): Patient Guidelines for Sudden Vision Loss & Retinal Symptoms, 2022. URL: https://www.aao.org
Diener H.-C., Förderreuther S, Kropp P. et al., Therapie der Migräneattacke und Prophylaxe der Migräne, S1-Leitlinie, 2022, DGN und DMKG, in: Deutsche Gesellschaft für Neurologie (Hrsg.), Leitlinien für Diagnostik und Therapie in der Neurologie. Online: www.dgn.org/leitlinien (abgerufen am 05.06.2025)
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