Migräneattacke beim Autofahren: Was Migränebetroffene zur eigenen Fahrtüchtigkeit wissen müssen

Migräne ist nicht einfach nur Kopfschmerz. Es ist eine schwere neurologische Erkrankung, die mit vielen Begleiterscheinungen einhergehen kann. Es stellt sich deshalb die Frage, wenn Menschen mit Migräne das Auto besser stehen lassen sollten, denn es gibt einige Situationen, in denen die Fahrtüchtigkeit von Betroffenen eingeschränkt sein kann.
In den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung der Bundesanstalt für Straßenwesen 01 wird die vestibuläre Migräne - eine Sonderform der Migräne, die durch einen Schwindelanfall gekennzeichnet ist - direkt erwähnt. Hier ein Auszug (Stand 01.06.2022):
„Die vestibuläre Migräne ist eine häufige Ursache für spontan rezidivierende Schwindelattacken. Die Schwindelattacken können vor, während oder nach den Kopfschmerzen auftreten und können Stunden (seltener Minuten bis Tage) anhalten. Während einer Attacke ist die Fahreignung nicht gegeben. Der Beginn ist allerdings nur selten abrupt, daher können in der Regel rechtzeitig Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden.“
(Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, Seiten 57/58)
Wann ist die Fahreignung (ohne Fahrgastbeförderung) bei Menschen mit Migräne gegeben und wann nicht?*
• Generell liegt es im Verantwortungsbereich jedes Einzelnen, sich einer kritischen Selbsteinschätzung zu unterziehen.
• Während einer akuten Attacke bei Menschen mit vestibulärer Migräne („Migräneschwindel“) ist die Fahreignung nicht gegeben. 01
• Betroffene, bei denen sich eine Migräneattacke stets durch Vorboten, sogenannte Prodromi, ankündigt, sind ansonsten in der Regel fahrtüchtig. 01 Sie sollten rechtzeitig das Auto abstellen oder gar nicht erst einsteigen, wenn eine Migräneattacke droht.
• Bei Attacken ohne Prodromi besteht die Fahreignung nach einer attackenfreien Beobachtungszeit von 6 Monaten; eine fachärztliche Untersuchung ist erforderlich. 01
• Bei Zustand nach einer erstmaligen spontanen Schwindelattacke (z. B. einer vestibulären Migräne) und noch nicht gesicherter Diagnose besteht erst nach einer 6-monatigen attackenfreien Beobachtungszeit Fahreignung; eine fachärztliche Untersuchung ist erforderlich. 01
Darf man während der Frühphase einer Migräne noch Autofahren?
Generell gilt: Jeder Verkehrsteilnehmer ist für seine Fahrtauglichkeit selbst verantwortlich. Sie sollten jedoch bedenken, dass Autofahren eine komplexe Tätigkeit ist, die Konzentration und Wachsamkeit fordert. Treten vor Migräneattacken häufig Auren auf, die die Sehfähigkeit einschränken oder zu motorischen Defiziten führen, sollte man kritisch hinterfragen, ob es sinnvoll und sicher ist, ein Fahrzeug zu führen. Bei einigen Betroffenen kündigt sich die Migräne schon einen Tag vorher an, zum Beispiel durch Müdigkeit. Ob Sie in dieser Phase ein Fahrzeug noch sicher lenken können, müssen Sie selbst entscheiden. Lassen Sie im Zweifelsfall das Auto oder Motorrad lieber stehen.
Sowohl die Migräne selbst, aber auch manche Medikamente können zu erhöhter Tagesschläfrigkeit führen. Eine messbare auffällige, unbehandelte oder therapierefraktäre schwere Tagesschläfrigkeit schließt die Fahreignung generell aus. 01
Was ist bei der Teilnahme im Straßenverkehr bei Schmerzmitteleinnahme zu beachten?
Schmerz- und Migränemittel sind für viele Betroffene ein Segen, denn sie ermöglichen ihnen ein weitgehend normales Leben. Nebenwirkungen oder falsch eingenommene Medikamente können die Verkehrstüchtigkeit jedoch einschränken. 02 Es gibt zwar kein Gesetz, das die Teilnahme am Straßenverkehr nach Einnahme von Medikamenten generell verbietet oder einschränkt, dennoch gilt auch hier: Seien Sie vorsichtig und lassen Sie im Zweifel Auto oder Motorrad stehen.
Sprechen Sie Ihren Arzt oder Apotheker auf das Thema Verkehrstüchtigkeit an. Erwähnen Sie auch rezeptfreie Medikamente, die Sie eventuell einnehmen.
Medikamenteneinnahme und Fahrtüchtigkeit
• Lesen Sie die Hinweise im Beipackzettel. Beeinträchtigt ein Wirkstoff die Fahrtüchtigkeit, muss das in der Gebrauchsinformation angeben sein.
• Halten Sie sich bei Dosierung und Einnahmerhythmus an die Vorgaben.
• Achten Sie auf Warnzeichen wie Schwindelgefühle, Benommenheit und Müdigkeitsattacken, vor allem zu Beginn einer Behandlung oder nach einer Dosisanpassung.
• Gehen Sie regelmäßig zu Ihren Kontrolluntersuchungen, falls Sie ein Medikament dauerhaft einnehmen.
Wichtig und dennoch weitgehend unbekannt: Es gibt kein Gesetz, das die Teilnahme am Straßenverkehr nach der Einnahme von Medikamenten generell verbietet oder einschränkt. Allerdings kann eine Teilnahme am Straßenverkehr - unter Medikamenten, die negative Auswirkungen auf die Fahrsicherheit haben - bei einem Unfallgeschehen schwerwiegende Folgen und selbst strafrechtliche Konsequenzen bis hin zur Entziehung der Fahrerlaubnis mit sich bringen. Auch die Kaskoversicherung kann ganz oder teilweise leistungsfrei sein, wenn beispielsweise Beruhigungsmittel wie Benzodiazepine im Blut des Fahrers nachgewiesen werden. 02
* Gilt für Führerinnen und Führer von Fahrzeugen der Klassen A, A1, A2, B, BE, AM, L, T 01
MIG-DE-NP-00280
Referenzen:
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Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, Bundesanstalt für Straßenwesen, Bergisch Gladbach,
Stand 01. Juni 2022, https://bast.opus.hbz-nrw.de/opus45-bast/frontdoor/deliver/index/docId/2664/file/Begutachtungsleitlinien+2022.pdf (letzter Zugriff 09.04.2025) -
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ADAC e. V., https://www.adac.de/gesundheit/gesund-unterwegs/strasse/medikamente-strassenverkehr (letzter Zugriff 09.04.2025)